Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg:Uneinig in fast allen Fragen

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Ein Kilometer nördlich von Aßling, unterhalb von Lorenzenberg, begegnen sich zwei Güterzüge auf der zweigleisigen Bestandsstrecke zwischen Grafing Bahnhof und Aßling.

Ein Kilometer nördlich von Aßling, unterhalb von Lorenzenberg, begegnen sich zwei Güterzüge auf der zweigleisigen Bestandsstrecke zwischen Grafing Bahnhof und Aßling.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwei Bürgerinitiativen, zwei unterschiedliche Ansätze: Die einen wehren sich gegen Trasse Limone, die anderen haben Angst vor Trasse Türkis. Ein Gespräch.

Interview von Alexandra Leuthner, Aßling

Limone hat gewonnen, hieß es Mitte Juli, als die Deutsche Bahn ihre Wahl aus fünf zur Debatte stehenden Trassen für den Brennernordzulauf bekannt gab. Susanna Koller, 22-jährige Lehramtsstudentin aus Niclasreuth, ist Mitglied und eine von acht Sprecherinnen der kurz darauf gegründeten "Bürgerinitiative Brennernordzulauf Landkreis Ebersberg", welche diese Streckenwahl unbedingt verhindern möchte. Die BI moniert Fehler in den Berechnungen der Bahn, die der Aßlinger Ingenieur Andreas Brandmaier in einer eigenen Analyse aufgedeckt zu haben glaubt. Für Ende September hat die Bahn nun eine Neubewertung angekündigt. Damit könnte auch die Trasse Türkis wieder ins Blickfeld geraten, die nicht nur der genannten BI, sondern auch einem Bündnis aus Lokalpolitikern die liebste wäre. Sie würde nahe den bereits durch die Gemeinde Aßling verlaufenden Nah- und Fernverkehrsgleisen verlaufen. Cornelia Drexel, 67, und seit kurzem im Ruhestand, gehört zu den Betroffenen der Bestandsstrecke. Sie hat sich für die bereits seit dem Frühjahr bestehende Bürgerinitiative "Schützt Aßling und das Atteltal" zu einem Gespräch bereit erklärt. Diese BI lehnt in einer Stellungnahme ab, eine Trasse oberirdisch durch "das Nadelöhr Aßling" und durch wertvolle Natur zu führen.

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Zwei Ansichten zum Brennerzulauf: Susanna Koller setzt sich für einen Ausbau der Bestandstrecke ein, Cornelia Drexel ist dagegen (von links).

Zwei Ansichten zum Brennerzulauf: Susanna Koller setzt sich für einen Ausbau der Bestandstrecke ein, Cornelia Drexel ist dagegen (von links).

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

SZ: Frau Koller, Frau Drexel, beide haben Sie Unterschriften gesammelt, wie viele Unterstützer haben Sie?

Drexel: 650 hatten schon bei uns unterschrieben, als Limone noch nicht ausgewählt war. Drei Viertel davon kommen aus Aßling Ort, es sind aber auch viele Pendler dabei, weil der Bahnhof ja von vielen aus umliegenden Gemeinden genutzt wird.

Koller: Wir haben gut 1600 Unterschriften in zwei, drei Wochen gesammelt. Hauptsächlich aus dem Gemeindegebiet Aßling, aber es hat sich herauskristallisiert, dass auch die Kirchseeoner gern unterschreiben würden, weil sie das Überwerfungsbauwerk in ihrer Gemeinde vermeiden möchten.

Dieses Überwerfungsbauwerk glaubt ihr Experte Andreas Brandmaier mit seinen Vorschlägen für die bestandsnahe Trasse Türkis vermeiden zu können. Was genau ist ein Überwerfungsbauwerk?

Koller: Das ist ein größeres Bauwerk, das ermöglicht, dass die Züge die Schienen wechseln können. Andreas Brandmaier hat gezeigt, dass man es sich sparen kann, wenn man die Gleise anders anordnet.

Da haben die Aßlinger aber nichts davon, oder?

Koller: Aber viele andere Bevölkerungsteile, die auch nicht weniger wichtig sind.

Frau Drexel, Sie lehnen eine oberirdische Führung durch Aßling genauso ab wie die Trassen orange und rot, die, wie Sie schreiben, auch durch wertvolle Natur führen. Da bleibt ja nur Limone. Ist die Natur dort so viel weniger wert?

Drexel: Limone führt in der Hauptsache über agrarwirtschaftliche Nutzflächen, es geht um Wiesen und Maisfelder. Grün mag es sein, aber es ist nicht richtig, dass es sich um unberührte Natur handelt. Im Atteltal aber geht es wirklich um Natur -und Artenschutz. Türkis würde längs durch das Landschaftsschutzgebiet und das Flora-Fauna-Habitat laufen. Und wenn man sich die Raumwiderstandskarten anschaut, dann sieht man, dass von Limone nicht viele Wohngebäude tangiert sind.

Koller: Eigentlich war aus unserer Perspektive die Mehrzahl der Bevölkerung gegen alle vier ursprünglichen Trassenvorschläge der Deutschen Bahn, weil bei allen so viel Fläche kaputt geht, die vorher einfach grün war. So wie jetzt bei Limone. Da wird eine Trasse hingelegt, wo vorher nur Wiese und Wald war. Bei der Bestandsstrecke aber existieren die Gleise schon seit 150 Jahren. Aus Sicht der Bürgerinitiative und auch aus Sicht vieler Bürger ist es daher sinnvoller, den Bestand auszubauen, wo man auch noch die Möglichkeit hätte, den Lärmschutz im Zuge dessen zu optimieren, den Bahnhof barrierefrei machen. Man könnte ihn auch einhausen. Ich sehe ja ein, dass das für Aßling eine große Lärmbelastung ist, aber den Lärmschutz kriegen Sie nur, wenn da ein Neubau kommt. Wenn sich am Bestand nichts ändert, selbst wenn die Zugzahlen erhöht werden, haben Sie darauf nie eine Chance, das ist gesetzlich festgelegt.

Drexel: Bevor der Vorschlag für die Trasse Türkis gemacht wurde, gab es keinen Trassenvorschlag entlang der Bestandsstrecke, bei den vier Grobtrassen war sie nicht dabei. An der Bestandsstrecke ist wirklich unberührte Natur. Es heißt immer, das seien doch eh schon bahneigene Flächen. Das sind aber Ausgleichsflächen, die zum Teil seit Jahren unberührt sind.

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Im Atteltal zwischen Henneleiten und Fischerleiten führt die Bestandsstrecke durch, hier würde die türkise Trasse durchlaufen. Blick von der Hangkante bei Pfadendorf nach Osten ins Atteltal.

Im Atteltal zwischen Henneleiten und Fischerleiten führt die Bestandsstrecke durch, hier würde die türkise Trasse durchlaufen. Blick von der Hangkante bei Pfadendorf nach Osten ins Atteltal.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Unberührte Flächen und Ausgleichsflächen bestimmen auch das Landschaftsschutzgebiet Atteltal, richtig?

Drexel: Da sind auch landwirtschaftliche Flächen dabei, weniger allerdings als bei Limone. Die ökologische Wertigkeit ist entlang der Bestandsstrecke sicher höher als entlang der Trasse Limone, auch wegen der hohen Artenvielfalt.

Koller: Wir wollen ja auch nicht das Atteltal vernichten, deswegen soll da ja eine Brücke hin. So bleibt das Atteltal weiterhin nutzbar und als Naherholungsfläche erhalten, es wird kein Gleis durchgeführt, durch das sich die beiden Habitate nicht mehr berühren könnten. Zudem könnten die Bestandsgleise an der Stelle aufgelöst werden. Das wäre auch wieder ein Ausgleich.

Drexel: Nur, wenn man sagt, eine Brücke ist kein Flächenverbrauch. Aber man muss doch auch sehen, wie dann Waldverhältnisse sich ändern, oder neue Beschattungsverhältnisse entstehen, wenn da so ein Riesenmonsterbauwerk dasteht. Sie können keinen Waldboden wiederherstellen, aber vielleicht Ackerboden. Türkis verbraucht ungefähr doppelt so viele Hektar an Biotopflächen von Limone.

Koller: An der Strecke Limone aber verlieren zwei Bauern durch die Trasse ihre Existenz, und viele weitere bekommen extreme Probleme, weil es einfach keine Ausgleichsflächen gibt. Für den Rest werden die Pachtbeträge so hoch, dass es kaum noch stemmbar ist. In Zeiten des Klimawandels und der Umweltzerstörung frage ich mich, warum sollten wir eine Trasse durchs Grün pflastern, wo vorher nichts war. Wirklich unberührte Natur finden wir doch wahrscheinlich nur noch in Sibirien. Aber hier haben wir noch Kleinbauern, Generationenbetriebe. Sollen wir jetzt wirklich den industrialisierten Großbetrieben den Weg freimachen? Wir wollen alle regional, und jetzt vernichten wir unsere Kleinbauern mit solchen Projekten.

SZ: Wo sitzen die beiden Betriebe, von denen Sie sprechen?

Koller: In Dorfen. Das sind Betriebe, die seit Generationen existieren. Die Gleise würden ihre Flächen durchschneiden.

Drexel: Ich glaube aber, dass das noch nicht ganz feststeht. Es sind ja erst mal Grobtrassen, die geplant werden. Meiner Meinung nach besteht bei der Bahn da schon Gesprächsbereitschaft.

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Zwei landwirtschaftliche Betriebe würden ihre Existenz verlieren, käme Trasse Limone, sagt Susanna Koller.

Zwei landwirtschaftliche Betriebe würden ihre Existenz verlieren, käme Trasse Limone, sagt Susanna Koller.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Sie nicht sehen bei einem Tunnel durch Aßling oder einer Einhausung des Bahnhofs?

Drexel: Einen hohen Tunnelanteil haben wir für alle Trassen gefordert, und auch, keine Siedlungsgebiete zu durchschneiden. Türkis ist aber ohne jeden Tunnelanteil. Und in Aßling stehen entlang der Gleise rechts Häuser, links Häuser, mindestens 30 in erster Reihe. Vom Bahnsteig aus Richtung Ortskern gesehen kommen jenseits der Straße Am Bahnhof nach wenigen Metern die ersten Häuser. Auf der anderen Seite beträgt der Abstand vom Bahnsteig bis zum nächsten Haus ungefähr 20 Meter. Dazwischen sollen zwei Hochgeschwindigkeitsgleise plus Rettungswege, und was sonst noch nötig ist, verlaufen. Wie wollen Sie das untertunneln? Da wäre noch nicht mal Platz für all die Baumaterialien, die nötig sind, ohne dass auf Privatgrundstücke übergegriffen wird. Und eine Einhausung hat die Bahn nie zugesagt. Nach Gesetzeslage heißt Lärmschutz zunächst mal Lärmschutzwände rechts und links quer durch Aßling.

Koller: Das stimmt ja so nicht. Da ist auf der einen Seite Hochreit, auf der anderen Seite Aßling.

Drexel: Hochreit ist ein Ortsteil von Aßling

Koller: Hochreit ist meines Wissens ein Extradorf. Niclasreuth dagegen wird durchschnitten, es werden viele andere Dörfer tangiert wie Dorfen, Eisendorf, Hamberg. Auch das Mühltal hat viele Probleme mit Limone.

Drexel: Im Atteltal soll dafür eine riesige Brücke entstehen. Das Damm- und Brückenbauwerk ist ein gigantisches, das die Landschaft sehr verändert, an der höchsten Stelle bis zu 28 Meter, zum Vergleich: ein bisserl höher als die Bavaria mit Sockel. Da wird im Landschaftsschutzgebiet eine Mega-Baustelle entstehen.

Wie auch in Aßling, wenn entlang der Bestandsstrecke gebaut wird.

Drexel: Der Erhalt des Bahnhofs Aßling und des ungestörten Bahnbetriebs ist bei einer solchen Riesenbaustelle eigentlich nicht machbar. Bei diesem Jahrhundertprojekt geht es um eine zentrale, europäische Nord-Süd-Verkehrsachse von Kopenhagen bis Sizilien. Der Neubau soll in der Hauptsache dem Güterverkehr und dem Personenfernverkehr dienen. Man würde doch auch keine Fernautobahn durch einen Ort führen.

Wie sicher wäre denn der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs bei einer Trasse Türkis?

Drexel: Der ist unabhängig vom Trassenverlauf, denn das betrifft den Personennahverkehr, die Trasse aber den Fernverkehr. Die Modernisierung ist meines Wissens sowieso geplant, unabhängig davon, wie die Trasse verläuft.

Koller: Davon weiß ich nichts. Aber bei bestandsnahem Ausbau wäre man gezwungen, den Bahnhof zu modernisieren und auch Lärmschutz und Erschütterungsschutz voranzutreiben. De facto ist es so: Wenn Limone käme, würde Aßling das nicht bekommen, weil die Bahn nicht dazu verpflichtet ist, am Bestand zu optimieren.

Drexel: Wobei der beste Lärmschutz, den wir uns vorstellen können, der wäre, dass dort weniger Güterverkehr stattfindet. Und das wäre der Fall, wenn die Trasse da nicht verläuft.

Koller: Der Zugverkehr wird mit Sicherheit steigen, auch wenn Aßling den Neubau nicht bekommt. Der Nahverkehr wird ausgebaut werden und es wird natürlich lauter, ohne die Chance auf Lärmschutz bei Limone.

Drexel: Darum sage ich, der Lärm in Aßling wird dann reduziert, wenn die Trasse nicht durch den Ort geleitet wird. Es ist vorgesehen, zu 80 Prozent Güterverkehr und zu 20 Prozent Personenfernverkehr über die Neubautrasse zu führen. Ein geringer Teil der Güterzüge soll auf der alten Strecke bleiben, die hauptsächlich für den Personennahverkehr da wäre. Der wird vielleicht mehr, das ist aber nicht das, was laut ist.

Der bestandsnahe Ausbau hat nicht zu den ersten vier Grobtrassen gehört. Vielmehr kam der Vorschlag aus der Bevölkerung.

Drexel: Im Herbst konnten ja alle Bürger Trassenvorschläge machen. Von über 200 eingegangenen Vorschlägen kam nur ein kleiner Teil für einen bestandsnahen Ausbau. Die meisten waren im Bereich Limone. Der Bestandsausbau ist auch nicht unbedingt die billigste Lösung.

Koller: Aber die Massendisposition bei Türkis sind o,o3 Millionen Kubikmeter, und bei Limone sind es 50 mal soviel. Das macht schon einen Unterschied auch was die Kosten angeht.

Würden Sie den Begriff erklären, bitte!

Koller: Massendisposition ist die Menge des Erdreichs, die man ausgraben und dann ausgleichen muss, um die Trasse zu realisieren.

Drexel: Soweit ich weiß, sind die Kosten für Türkis höher veranschlagt als für Limone. Da würde ich doch jetzt warten, was die Bahn dazu sagt.

Koller: Die Deutsche Bahn war aus unserer Sicht von Anfang an gegen den bestandsnahen Ausbau, die hat alles getan, um die Dialogteilnehmer zum Schweigen zu bringen, die das gefordert haben.

Jetzt ist die Bahn aber doch noch einmal in eine neue Prüfung gegangen.

Koller: Ja, Herr Brandmaier hat ja in seiner kritische Analyse vorgerechnet, dass bei den Berechnungen etwas nicht stimmen kann. Die übrigens von sämtlichen Experten geprüft worden ist. Auch von solchen die Bahn-nah arbeiten.

Das heißt, Experten von der Uni Innsbruck, mit der die Bahn zusammengearbeitet hat, haben seine Analyse geprüft?

Koller: Nein, Leute von der Deutschen Bahn. Er hat das dann auch noch mal von Experten prüfen lassen. Also wir sind der Überzeugung, dass diese Analyse wasserdicht ist. Uns geht es jetzt erst einmal darum, die Grundlage für die Entscheidung von der Bahn noch einmal ergebnisoffen überprüfen zu lassen. Da ging es zum Beispiel um die Berechnung der Lärmentwicklung. Der bestehende Lärm durch die alte Trasse wurde für Limone nicht eingerechnet, obwohl man das müsste. Wir haben uns alle die Analyse angeschaut, und wenn man sich die Festlegung der Grenzwerte in der Berechnung der Bahn anschaut und die Verfahren, die benutzt wurden, dann kommt einem das schon spanisch vor.

Wenn eine Einhausung zugesagt würde, Frau Drexel, würden Sie dann den bestandsnahen Ausbau akzeptieren?

Drexel: Auch eine Einhausung nutzt nichts gegen die Erschütterungen, die einige der älteren Häuser in der Nähe des Bahnhofs gefährden könnten. Für Türkis müsste außerdem ein Wohnhaus weg. Das würde auch Existenzen vernichten. Wenn jemand sich beklagt, dass die Trasse Limone in einem Abstand von 400 Metern an seinem Haus vorbeiführt, nenne ich das Jammern auf hohem Niveau.

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Wenn Trasse Limone gebaut wird, hat man in Niclasreuth künftig nicht nur den Blick auf die Berge, sondern auch den auf die Trasse, die zu den Bergen hinführt.

Wenn Trasse Limone gebaut wird, hat man in Niclasreuth künftig nicht nur den Blick auf die Berge, sondern auch den auf die Trasse, die zu den Bergen hinführt.

(Foto: Christian Endt)

Wenn man Teile von Limone nicht nur versenken, sondern auch deckeln würde. Würden Sie dann sagen, es ist okay, Frau Koller?

Koller: Wenn man sehr sehr viele Sachen untertunneln könnte, dann ja. Aber die Gleise gehen unter anderem mitten durch Niclasreuth.

Drexel: Also am Rande von Niclasreuth.

Koller: Beim Ziachkaiser geht's durch.

Drexel: Also wird da ein Gebäude belastet. In Aßling sind es auf der einen Seite etwa 17 Häuser, auf der anderen ungefähr zehn oder zwölf.

Koller: Aber die leben auch schon länger mit der Trasse. Ich möchte lediglich sagen, dass die Trasse schon seit 150 Jahren existiert. Das ist bereits bebauter Grund. Da ist bereits eine Trasse, und das macht aus unserer Sicht Sinn.

Drexel: Als ob es wurscht wär, wenn man dann noch 100 Prozent dazu kriegt.

Koller: Das ist eben nicht wurscht. Deshalb wollen wir ja auch den Lärmschutz durchsetzen. Wir fordern ja die vorgezogene Fertigstellung bis Anfang der 30er Jahre und besten Lärmschutz und Erschütterungsschutz während und auch nach der Bauphase.

Ist denn diese Forderung realistisch?

Koller: Wir finden ja. Weil politischer Druck besteht. In Österreich sind viele Sachen schon fertig und Deutschland blamiert sich gerade.

Drexel: Es ist aus meiner Sicht völlig unrealistisch.

Brennernordzulauf im Landkreis Ebersberg: Die Trasse Türkis ins Auswahlverfahren aufzunehmen, entspricht nicht dem Bevölkerungswunsch in Aßling, sagt Cornelia Drexel.

Die Trasse Türkis ins Auswahlverfahren aufzunehmen, entspricht nicht dem Bevölkerungswunsch in Aßling, sagt Cornelia Drexel.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Frau Drexel, Sie kritisieren nicht die Bahn, sondern die Politik. Warum?

Türkis hat null Prozent Tunnelanteil und widerspricht damit dem, was nicht nur im Gemeinderat Aßling noch im Sommer 2021, sondern auch im Koalitionsvertrag in Bayern gefordert worden ist. Die Trasse Türkis wurde wohl auf politischen Druck hin in das Auswahlverfahren mit aufgenommen. Das entspricht aber nicht dem Bevölkerungswunsch in Aßling. Ist ja auch klar. Aßling liegt in einem Tal. Da ist der Steilhang, an dem die Bahn verläuft, dann geht es in die Atteltalsenke hinunter, auf der anderen Seite ist der Büchsenberg. Das gesamte Atteltal inklusive Straußdorf würde beschallt ohne Ende. Da kann ein bisschen Lärmschutz nicht helfen. Wir sind nicht einverstanden mit dem aktuellen Gemeinderatsbeschluss in Aßling, der eine Neuüberprüfung eines bestandsnahen Ausbaus fordert. Das ist alles ganz schnell durchgesetzt worden, während der Bürgermeister im Urlaub war, mit Mordsradau und Tohuwabohu.

Waren Sie auch dabei im Gemeinderat, Frau Koller?

Koller: Ja. Das war eine ganz normale Gemeinderatssitzung. Wir haben das organisiert, dass die Bulldogs da vorfahren, weil es ja im Sinne vieler Bauern ist, dass kein landwirtschaftlicher Grund kaputt geht. Es ist doch ganz natürlich, dass sich die betroffenen Leute einsetzen.

Drexel: Dennoch werden Betroffenheiten in Aßling unter den Tisch gekehrt. Viele Bürger sagen, der Gemeinderat verrät uns, unsere Belange werden mit Füßen getreten. Wir haben regionale und lokale Politiker angeschrieben und zum Teil noch nicht mal eine Antwort gekriegt.

Frau Koller, haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?

Koller: Nein, weil die Politiker uns ja unterstützen, weil die erkannt haben, wieviel kaputt geht bei Limone. Wir stehen hinter dem Gemeinderatsbeschluss.

Gibt es denn irgendeinen Punkt, in dem Sie sich einig sind?

Drexel: Vielleicht darin, dass man den Brennernordzulauf braucht. Es ist schade, dass die Planung durch die Diskussion um die Streckenführung im Landkreis Ebersberg verzögert wird.

Koller: Klar, der Bedarf ist da, im Sinne des Klimaschutzes macht das Ganze ja auch Sinn.

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