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„Hält vor Gericht nicht stand“: Bahn soll sich bei Brenner-Nordzulauf verrechnet haben

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Hat nachgerechnet: Ingenieur Andreas Brandmaier kritisiert die Trassenwahl der Bahn als fehlerhaft.
Hat nachgerechnet: Ingenieur Andreas Brandmaier kritisiert die Trassenwahl der Bahn als fehlerhaft. © sro

Grobe handwerkliche Fehler bei der Trassenauswahl: Diesem Vorwurf sieht sich die Deutsche Bahn in Sachen Brenner-Nordzulauf durch ein Politiker-Bündnis aus dem Landkreis Ebersberg ausgesetzt.

Landkreis - Bei einer Pressekonferenz im Grafinger Rathaus forderten Bürgermeister Christian Bauer, Landrats-Stellvertreter Walter Brilmayer, Landtagsabgeordneter Thomas Huber, und Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz (alle CSU) den Konzern auf, sich zu seinen Rechenmodellen zu äußern.

Diese benachteiligten den vom Kreistag geforderten bestandsnahen viergleisigen Ausbau – die Bahn favorisiert den Bau zweier neuer Gleise auf der grünen Wiese. Ob die „Bürgertrasse“ Türkis seiner Ansicht nach aus Inkompetenz oder mit Absicht benachteiligt worden sei? – „Irgendwas dazwischen“, so Huber. „Eine dritte Möglichkeit sehe ich nicht.“

Politik-Bündnis stützt sich auf Niclasreuther Ingenieur

Das CSU-Bündnis, das in seiner Forderung auch von der derzeit urlaubenden Ebersberger SPD-Landtagsabgeordneten Doris Rauscher unterstützt wird, hat bereits Termine mit der Bahn und auch mit Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) vereinbart. Es stützt sich bei seiner Kritik auf eine Prüfung der Bahn-Berechnungen durch den Niclasreuther Ingenieur Andreas Brandmaier. Dieser zeichnete für die Entwicklung der „Bürgertrasse“ mitverantwortlich. Die Bahn hatte sie überraschend in die Planungen aufgenommen und dann doch verworfen.

Zu Unrecht, argumentierte Brandmaier in einer 45-minütigen, 49 Seiten umfassenden Präsentation, in der er sich gewissermaßen den Rechenweg der Bahn auf dem Weg zum Punktsieg der Trasse Limone gegen die Trasse Türkis vorknöpfte. Der zentrale Vorwurf: „Hier wurden Äpfel mit Birnen verglichen!“

Vorwurf an die Bahn: „Widerspricht den Grundsätzen wissenschaftlicher Arbeit“

So sei etwa beim Lärmschutz der Neubau ohne Berücksichtigung der – so oder so bleibenden – zweigleisigen Bestandsstrecke geprüft worden. Für diese sieht die Bahn keine Lärmschutz-Maßnahmen vor – sei aber bei einem bestandsnahen Ausbau dazu verpflichtet. Die Bewertung spiegle das nicht wider. „Das widerspricht nicht nur dem gesunden Menschenverstand, sondern den Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens“, wütete der Ingenieur. Dieser Fehler habe sich durch weitere Bewertungskriterien gezogen, etwa beim Vergleich von Betroffenheiten bei der Wohnbebauung. „Je näher am Bestand, desto schlechter die Trasse“ – das sei die Rechnung der Bahn. An einer Stelle hätten die Planer „Limone“ sogar eine längere Lärmschutzwand als „Türkis“ verpasst – obwohl dort beide Strecken deckungsgleich verliefen

Zudem zieht Brandmeier die Berechnungen bei Kosten und Flächenverbrauch in Zweifel: Für Trasse „Limone“ falle etwa der 50-fache Erdaushub an wie für Türkis. Und die Kreuzungsbauwerke bei Ostermünchen und Kirchseeon könnten aus seiner Sicht bei vier parallelen Gleisen entfallen und durch einfache Weichen ersetzt werden – sowie einiges an Brückenlänge südlich von Aßling eingespart werden – das alles mache einen zwei- bis dreistelligen Millionenbetrag aus.

Ingenieur: Bahn-Ergebnis hat vor Gericht keine Chance

„Es wurde keine objektive Bewertung der Trassen durchgeführt!“, wirft Brandmaier der Bahn in Summe vor. Das Ergebnis werde „vor Gericht nicht Stand halten“.

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„Es wäre nicht das erste Mal, dass die Bahn objektiv falsch lag“, meinte Bundestagsabgeordneter Lenz mit Blick auf die zunächst gänzlich ausgeschlossenen Bestandstrasse, die es dann doch in die Planungen schaffte. „Es gilt keine Zeit zu verlieren“, erklärte Landtagsabgeordneter Huber den erneuten Vorstoß. Der öffentliche Protest sei zwar derzeit noch verhalten, doch bei seinen Begegnungen im südlichen Landkreis sei „Limone“ Thema Nummer Eins. „Es gibt wenige Betroffenheiten“, räumt er ein, weshalb es etwa derzeit nicht zu Kundgebungen komme. „Aufgeschreckt sind wenige“ ergänzt seine SPD-Kollegin Rauscher telefonisch. „Aber die Prüfung dieser Vorwürfe ist uns die Bahn schuldig.“

Auf Anfrage reagierte die Bahn auf die Vorwürfe: „Die DB hat erst vor wenigen Tagen Kenntnis davon erhalten. Eine erste Durchsicht ergab, dass einige zugrunde gelegte Prämissen nicht zutreffen. Dennoch werden wir die Argumente intensiv prüfen und unsere Einschätzung dieser Kritik in Kürze im Rahmen des Dialogprozesses mit der Region kundtun.“ 

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